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A-3.1.5 Detektion metallfreier Störkörper

1 Detektion metallfreier Störkörper

Die Detektion metallfreier bzw. -armer Störkörper ist bei der klassischen Kampfmittelräumung in Deutschland eine eher seltene Aufgabenstellung. Sie ist jedoch erforderlich, wenn z. B. entsprechende Riegel- oder Glasminen auf einer Untersuchungsfläche auftreten oder vermutet werden.

Das Aufsuchen von metallfreien Störkörpern stellt eine äußerst schwierige Detektionsaufgabe dar. Die zur Zeit vorhandenen Verfahren befinden sich fast alle noch im Entwicklungs- und Erprobungsstadium und werden daher nur in Ausnahmefällen eingesetzt. Die größten Impulse zur Entwicklung von Detektionssystemen für metallfreie bzw. -arme Störkörper kommen aus der Landminensuche.

Daher werden im Folgenden kurz einige Grundlagen der Minensuche dargestellt.

Man ging noch vor 10 Jahren von einer Anzahl von ca. 100 Millionen Landminen aus, die weltweit im Boden vergraben sind. Es gibt eine Vielzahl verschiedener Minentypen, die sich in ihren Materialeigenschaften zum Teil erheblich unterscheiden.

Seit der auf elektromagnetischer Induktion basierende Metalldetektor als Standardsuchgerät für die Minendetektion eingesetzt wird, wurde der Metallgehalt moderner Landminen systematisch verringert und als Reaktion hierauf hat man die Detektionsleistung der Detektoren in den letzten Jahrzehnten drastisch verbessert. Nebenwirkungen der Verfeinerung der Detektionstechnik sind jedoch höhere Falschalarmraten und eine größere Sensitivität der Detektoren für die magnetischen Eigenschaften des Bodens, in denen die Minen eingebettet sind. In Einzelfällen können die vom Boden verursachten Messsignale deutlich stärker als diejenigen des kleinen Metallanteils der Minen sein, woraufhin diese dann nicht mehr geortet werden können.

Es handelt sich dabei um Böden, in denen ferrimagnetische Minerale wie Magnetit oder Maghemit angereichert sind oder die vulkanische Gesteine wie z. B. Basalte enthalten, in denen häufig ferromagnetische Minerale vorkommen. Diese Minerale weisen eine hohe magnetische Suszeptibilität (ĸ) auf, welches der physikalische Bodenparameter ist, der letztlich das störende Signal im Metalldetektor hervorruft.

Böden sind Mineralgemische und schon geringe Anteile von < 1 % an ferrimagnetischen Mineralen können Signale im Metalldetektor erzeugen, die stärker als diejenigen der geringen Metallanteile der Landminen sind. Für eine Einschätzung des Einflusses auf die Metalldetektion können die folgenden ĸ-Werte dienen (alle Angaben massenbezogen in SI 10-6 m3 kg-1): Die ferrimagnetischen Eisenminerale Magnetit und Maghemit haben Suszeptibilitäten von 500 - 1.000 bzw. ca. 400.

Bei den Fe-Oxiden und Hydroxiden, welche die Hauptmasse des Eisens im Bodens ausmachen - wie Hämatit und Goethit - liegen die Werte dagegen bei ca. 1 bzw. < 1. Alle weiteren natürlichen Eisenverbindungen und -minerale in Böden sind paramagnetisch mit Werten < 1 bzw. meistens < 0,1. Hieraus ist ersichtlich, dass nicht die natürlichen Eisenanteile der Böden, die auf den verbreitetsten Fe-Oxiden und -Hydroxiden beruhen, eine Störung der Metalldetektion verursachen. Die Ursache dafür sind allein die ferrimagnetischen Anteile wie Magnetit und Maghemit. In Böden, die diese Minerale nicht enthalten, gibt es keine Probleme für die mit elektromagnetischer Induktion arbeitenden Metalldetektoren. Für die Arbeit mit Metalldetektoren können zur Orientierung empirische Werte der volumenbezogenen magnetischen Suszeptibilität (ĸ) herangezogen werden. Hiernach bereiten die häufigsten Werte natürlicher Böden, die zwischen 0 und 50 SI 10-5 liegen, keine Probleme. Einschränkungen in der Detektionsleistung treten bei vielen Detektortypen erst ab Werten von ca. 2.000 SI 10-5 auf (CEN 2008).

Um dem häufig auftretenden negativen Bodeneinfluss auf die Metalldetektion sowie der stark verbreiteten und störenden Anwesenheit von Metallschrott im Boden zu begegnen, wurde in jüngerer Zeit die Entwicklung von Dual-Sensoren vorangetrieben. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus Metalldetektor und Georadarantenne, welche im hochfrequenten Bereich (> 1 GHz) arbeitet. Diese Geräte werden derzeit noch überwiegend in der rein militärischen Entminung eingesetzt und finden allmählich auch Eingang in die Aktivitäten der humanitären Entminung.

 

2 Entwicklung weiterer Suchtechniken

Auf elektromagnetischer Induktion basierende Metalldetektoren und zunehmend auch Georadar sind die verfügbaren Standardtechniken bei der Suche nach metallarmen Kampfmitteln. Auf wissenschaftlicher Ebene werden Versuche mit weiteren, das gesamte elektromagnetische Spektrum umfassenden Techniken und weiteren physikalischen Verfahren durchgeführt. Die Verfahren lassen sich in zwei große Kategorien unterteilen. Die erste umfasst Techniken, mit denen das Gehäuse des Sprengkörpers detektiert wird und die zweite beinhaltet Techniken, mit denen eine direkte Detektion des Sprengstoffanteils erfolgt.


2.1 Verfahren, die keine Sprengstoffe detektieren

Gleichstromgeoelektrik

Die Gleichstromgeoelektrik, die auch als geoelektrische Widerstandsmessung oder -kartierung bezeichnet wird, ist ein klassisches geophysikalisches Verfahren zur geowissenschaftlichen und -technischen Erkundung des Untergrunds. Bei der Gleichstromgeoelektrik wird die effektive elektrische Impedanz des Untergrunds gemessen, indem Ströme in den Boden eingespeist und die Oberflächenpotentiale gemessen werden. Ihr Einsatz zur Kampfmittelsuche, speziell zur Erkundung größerer Sprengkörper, befindet sich in einem sehr frühen Forschungsstadium.


Passive Mikrowellentechnik

Die passive Mikrowellentechnik oder Mikrowellen-Radiometrie basiert auf der Messung natürlicher Schwarzkörperstrahlung im Mikrowellenband, die vom gesuchten Objekt ausgeht. In vereinfachter Darstellung beruht die Methode auf der Annahme, dass vergrabene Objekte wie z. B. Landminen oder auch nur die Störung der natürlichen Lagerungsdichte des Bodens Temperaturanomalien an der Bodenoberfläche mit gleichförmigem Emissionsgrad verursachen. Die Messung des Emissionsgrades und/oder der Temperaturanomalie erfolgt mit radiometrischen Methoden. Die Anwendung dieser Verfahren befindet sich in einer sehr frühen Entwicklungsphase.


Akustik/Seismik

Aktive akustische Verfahren basieren auf der Einspeisung akustischer Energie in den Untergrund und der anschließenden Messung der reflektierten akustischen Energie, welche durch die Unterschiede der akustischen Impedanz zwischen gesuchtem Objekt bzw. gestörtem Boden und ungestörtem Boden hervorgerufen werden. Die Ansätze zur Verwendung akustischer Verfahren in der Kampfmittelsuche waren bislang nicht von Erfolg gekrönt.


Optische Technologien

Auch optische Verfahren werden dahingehend entwickelt, um sie bei der Detektion von Landminen einzusetzen. Da jedoch die Eindringtiefe elektromagnetischer Strahlung im optischen Wellenbereich bei opaken Materialien, wie z. B. Böden nur < 1 mm beträgt, können damit nur Eigenschaften der Bodenoberfläche gemessen werden, die im Zusammenhang mit der Vergrabung von Landminen stehen. Anwendungen werden für die Wellenlängen im Infrarot-, im sichtbaren Wellenlängen- und im Ultraviolett-(UV)Bereich entwickelt.

Im Einzelnen basieren die drei optischen Technologien auf folgenden Grundlagen:


Infrarot

Die thermische Infrarot-Detektion oder Infrarot-Radiometrie beruht auf der Messung des unterschiedlichen Spektrums oder der Intensität der Infrarotstrahlung des Bodens über einer vergrabenen Landmine im Vergleich zum angrenzenden ungestörten Boden. Die Unterschiede in der Strahlung werden dabei üblicherweise als Differenzen der Oberflächentemperatur registriert und die Ursachen hierfür liegen in dem gegenüber dem Boden veränderten Wärmefluss einer Landmine, welcher eine veränderte Emissivität der Bodenoberfläche bewirkt. Infrarot-Imager mit ausreichender räumlicher Auflösung sowie Temperaturauflösung von ~ 0,1 °C sind kommerziell verfügbar und werden bereits in Multisensor-Systemen des Militärs eingesetzt.


Wellenlängen im sichtbaren Bereich

Mit sichtbaren Wellenlängen werden optische Eigenschaften wie Reflexion oder Polarisation der gestörten Bodenoberfläche über Landminen gemessen. Diese unterscheiden sich von denjenigen der ungestörten Umgebung. Darüber hinaus kann die Vegetation über Landminen andere Spektralcharakteristiken als diejenige auf ungestörtem Untergrund aufweisen. Aktuelle Forschungsansätze in diesem Bereich wenden sich den hyperspektralen Systemen zu, die wesentlich mehr und engere Spektralbänder aufweisen als die ältere Multispektralsensorik. Es wird derzeit versucht, mithilfe von Mustererkennungen zwischen gestörtem und ungestörtem Boden sowie einem Wechsel der Vegetation zu unterscheiden. Die Ansätze befinden sich noch im Anfangsstadium.


Ultraviolett (UV)

Die Messung der UV-Reflexion des Bodens nutzt entweder die Solarstrahlung oder künstliche Quellen und registriert ausschließlich Eigenschaften der Bodenoberfläche, welche zwischen gestörtem und ungestörtem Boden unterscheiden können.


2.2 Verfahren zur Detektion von Sprengstoffen

Bei der Detektion des Sprengstoffs ist zu unterscheiden zwischen Verfahren, welche die Sprengstoffmasse detektieren und der Detektion von Spurenelementen. Bei den Verfahren zur Detektion der Sprengstoffmasse werden Resonanz-Absorption-Spektroskopien wie beispielsweise Kernquadrupol-Resonanz-Messungen angewandt, mit denen Eigenschaften des Sprengstoffs gemessen werden, die sich von denen des Bodens oder der Vegetation unterscheiden. Sprengstoffe haben weit größere Stickstoffanteile (10 - 40 %) als Böden (< 1 %). Die effektive Kernladungszahl von Sprengstoffen liegt zwischen 5 und 7, was ähnlich der von organischer Substanz ist, aber unterschiedlich zu mineralischen Anteilen des Bodens, in denen sie 11 bis 12 beträgt. Die häufigsten Lagerungsdichten von Böden (1,2 - 2,0 g/cm³) sind hingegen denen von Sprengstoffen ähnlich (1,6 - 1,8 g/cm³). Bei der Detektion von Spurenelementen werden die sprengstoffspezifischen Moleküle dagegen in Boden- und Luftproben analysiert, die aus der Nähe des Sprengkörpers stammen.


Kernquadrupol-Resonanz (Nuclear Quadrupole Resonance, NQR)

Die Verfahren der Resonanz-Absorptions-Spektroskopie arbeiten mit der selektiven Absorption von Energie aus einem elektromagnetischen Feld, das aus Resonanzen entsteht, die sich ihrerseits aus der Wechselwirkung zwischen elektrischen oder magnetischen Momenten von Atomkernen oder Elektronen und externen oder internen Feldern bilden. Hierzu gehören grundlegende Methoden wie Kernspinresonanz (Nuclear Magnetic Resonance, NMR), Elektronenspinresonanz (Electron Paramagnetic Resonance, EPR), oder Kernquadrupol-Resonanz-Messungen (NQR). Unter diesen Verfahren ist nur die letztere von Bedeutung für die Sprengstoffdetektion, da damit eindeutig Sprengstoffe identifiziert werden können.


Thermische Neutronenaktivierung (Thermal Neutron Activation, TNA)

Seit Langem wird an den Möglichkeiten zur Sprengstoffdetektion mittels Verfahren der Kernstrahlungsspektroskopie geforscht. Hierzu gehören die Methoden der Neutronenmoderation und der Röntgenrückstreuung, die sich noch im Stadium der Erforschung befinden. Das Verfahren der Thermischen Neutronenaktivierung (Thermal Neutron Activation, TNA) kommt hingegen als Bestandteil von fahrzeuggestützten Untersuchungssystemen des Militärs zur Anwendung. Diese Methode basiert auf der Detektion von Gammastrahlen, die von N14-Isotopen des Sprengstoffs emittiert werden.


Detektion von Spurenelementen des Sprengstoffs

Diese Techniken beinhalten die Untersuchung von Partikeln, die aus den Sprengstoffen ausströmen unter Separation der konstituierenden Moleküle, Atome und Ionen. Mit einer Reihe von Verfahren können die Dämpfe der Sprengstoffe detektiert werden. Dazu gehören Massenspektrometrie (MS), Ionen-Mobilitätsspektrometrie (IMS), laseroptische Techniken, Gaschromatographie, Raman-Spektroskopie etc.


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