Die Photogrammetrie beschreibt Messmethoden und Auswerteverfahren für Fotografien und digitale Bilder, mit deren Hilfe die räumliche Lage sowie Form und Größe von Objekten unterschiedlichster Art bestimmt werden können. Mit photogrammetrischen Auswerteverfahren können kampfmittelrelevante Informationen aus historischen Luftbildern erfasst und in einem terrestrischen Erkundungsgebiet präzise positioniert werden.
Die fachlichen Hintergründe der Photogrammetrie sind komplex und werden in den BFR KMR nicht beschrieben. Ziel des vorliegenden Anhangs ist vielmehr,
Die Definition konkreter Parameter, mit denen entsprechende Dienstleistungen beauftragt, durchgeführt und überprüft werden können, erfolgt in der Technischen Spezifikation A-9.2.4 „Photogrammetrie: Luftbildorientierung und technische Grundlagen der Luftbildstereoauswertung“ und dem Anhang 7.2.3 „Leistungsbeschreibung Phase A – Luftbildorientierung und Luftbildauswertung“.
Dies betrifft folgende fachlichen Vorgaben:
Die thematische Interpretation von Luftbildern wird in dem Anhang A-2.3.4 „Auswertung von Luftbildern“ beschrieben.
Während historische Luftbilder aus zivilen Bildflügen der 1950er Jahre weitgehend den Standards von Reihenbefliegungen für Messzwecke entsprechen, weisen Kriegsluftbilder häufig geometrische (die Lagegenauigkeit der räumlichen Wiedergabe des aufgenommenen Geländes) und fotografische (die Erkennbarkeit von Geländeobjekten und Objektdetails) Besonderheiten auf, die auf technische Rahmenbedingungen oder Umstände der Befliegungen zurückzuführen sind.
Im Folgenden werden
Die Luftbildbefliegungen wurden zu Kriegszeiten deutlich von äußeren Umständen und objektbezogenen Prioritäten geprägt. So sind kontinuierliche Reihenbefliegungen, aus denen Bildstreifen und Bildblöcke mit üblichen Längs- und Querüberdeckungen (~ 60 % und 20 %) hervorgehen, selten. Überwiegend weisen die Aufnahmen einen trassenförmigen, auf Zielobjekte ausgerichteten Flugstreifen auf. Dabei ist nicht immer von einem geradlinigen Flugverlauf mit kontinuierlichen Überdeckungen auszugehen. Im ungünstigen Fall können diese Luftbildreihen eine verminderte Längsüberdeckung (bis minimal 10-20 %) haben oder die Reihencharakteristik kann gänzlich fehlen. Dies trifft z. B. zu, wenn ein Objekt wiederholt aus unterschiedlichen Anflugrichtungen aufgenommen wurde, wodurch Überdeckungen von 0-90 % möglich sind.
Für die Luftbildorientierung und Stereoauswertung können sich in Abhängigkeit des räumlichen Verlaufs einer historischen Befliegung Einschränkungen hinsichtlich der anwendbaren photogrammetrischen Methoden und der Stereoauswertung ergeben: Unterschreitet die Überlappung eines Bildpaares 50 %, ist, bei Betrachtung einer Reihenbefliegung, keine vollständige stereoskopische Betrachtung möglich. Dieser Umstand erschwert die Bildinterpretation, da der für die Objektansprache äußerst wichtige räumliche dreidimensionale Bildeindruck nicht durchgängig möglich ist. Weiterhin wird die Berechnung eines Stereomodells in der analytischen oder digitalen Photogrammetrie mit abnehmender Überlappung zunehmend schwerer, da die zugrundeliegenden Methoden einen bestimmten Grad an Überlappung erfordern. Ab einer Überdeckung von weniger als ca. 30 % ist keine hinreichende Genauigkeit dieser Methoden mehr gegeben.
Soweit die Bildüberlappung eines Bildfluges keine stereoskopische Auswertung und Anwendung von Methoden der Berechnung von Stereoluftbildmodellen zulässt, muss die Orientierung von Einzelbildern in Betracht gezogen werden. Hier kann jedoch nur eine monoskopische Auswertung erfolgen.
Die Besonderheiten von Kriegsluftbildbefliegungen machen es erforderlich, bei der Auswahl und Beschaffung von Luftbildern nicht nur Zeitschnitte, Maßstab und Qualität zu berücksichtigen: Von grundlegender Bedeutung ist weiterhin der Flugverlauf unter besonderer Beachtung der Luftbildüberdeckungen. So kann es unter Umständen erforderlich sein, redundante, d. h. aus zeitlicher, maßstäblicher und qualitativer Sicht ähnliche Bildflüge, die z. B. eine bessere stereoskopische Überdeckung aufweisen können, zu beschaffen und auszuwerten. Eine Kosten-/Nutzenanalyse ist anzustellen.
Kriegsluftbilder weisen geometrische Eigenschaften auf, die sich von denen ziviler Messbildflüge nicht prinzipiell, sondern graduell unterscheiden. Faktisch zeichnen sich Kriegsluftbilder aus durch
Zusammengefasst bleibt festzuhalten, dass Luftbilder prinzipiell geometrische Abbildungsfehler und Kriegsluftbilder in besonderem Maße, z. T. extreme umstands- oder handhabungsbedingte geometrische Fehler aufweisen.
Die einfache visuell-qualitative Bildauswertung, d. h. ohne Anwendung photogrammetrischer Verfahren zur Identifizierung potenziell kampfmittelrelevanter Flächen, wird durch die durchaus problematischen geometrischen Eigenschaften der Kriegsluftbilder nicht beeinflusst. Lage- und grundrisstreue Kartierungen, etwa zur exakten Objektüberlagerung im multitemporalen Vergleich oder als Grundlage für die vermessungsgestützte Lokalisierung der Objekte im Gelände, sind dagegen mit einfachen Techniken (z. B. mechanische Bildumzeichner oder lineare Transformation von digitalen Bildern) nicht oder nur unzureichend zu bewerkstelligen. Für diese Anwendungszwecke sind photogrammetrische Methoden unerlässlich.
Die fotografische Qualität eines Luftbildes, die ganz entscheidend das Maß der Objekt- und Detailerkennbarkeit bestimmt, hängt von einer Reihe unterschiedlicher Faktoren und deren Zusammenspiel ab. Bei den Kriegsbildern sind besonders zu beachten:
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass ein Großteil der verfügbaren Kriegsluftbilder eine verhältnismäßig gute Bildschärfe und Kontrastwiedergabe aufweist und damit auch die Wiedergabe von Geländeobjekten und Objektdetails so gut ist, dass sie – maßstabsbezogen – problemlos eine Identifizierung (und Kartierung) potenziell kampfmittelrelevanter Sachverhalte gestatten. Andererseits umfassen verfügbare Bestände auch Bilder, deren Auswertbarkeit durch erhebliche Kontrastminderung, durch Dunst und Wolken bzw. Wolkenschatten, schwache Ausleuchtung und massive Objektschatten mehr oder weniger empfindlich eingeschränkt ist.
Sofern diffizile Themen auszuwerten sind, wie z. B. Bombenblindgängerverdachtspunkte (BBVP), und eine reproduktionstechnisch bedingte fotografisch schlechte Bildqualität die Auswertung erschwert oder unmöglich macht, ist eine erneute Beschaffung des Bildmaterials aus primären Quellen (z. B. englische oder US-amerikanische Bildarchive) zu prüfen bzw. durchzuführen.
Die in Kapitel 2.2 beschriebenen geometrischen Eigenschaften von Senkrecht-Luftbildern verdeutlichen die Notwendigkeit zur Anwendung photogrammetrischer Verfahren, wenn eine lage- und grundrisstreue Kartierung von kampfmittelrelevanten Objekten erforderlich ist. Nur mit ihrer Hilfe sind die Kompensation verschiedenartiger geometrischer Abbildungsfehler und ein Maßstabsausgleich möglich.
Photogrammetrische Verfahren zur Auswertung von Luftbildern gliedern sich in drei Kategorien:
Während rein analoge Verfahren inzwischen vollständig an Bedeutung verloren haben, findet die analytische Photogrammetrie noch vereinzelt Anwendung und kann für Aufgabenstellungen im Sinne der BFR KMR, analoges Bildmaterial vorausgesetzt, eingesetzt werden. Deutliche Nachteile ergeben sich dabei aus folgenden Gesichtspunkten:
Stand der Technik und mittlerweile weit verbreitet sind Verfahren der digitalen Photogrammetrie. Für die Anwendung eines digitalen Systems spricht u. a. die Tatsache, das Kriegsluftbilder zunehmend ausschließlich in digitaler Form verfügbar sind und eine darauf basierende Herstellung analoger Bilder für die Anwendung der analytischen Verfahren weder aus fachlicher noch aus wirtschaftlicher Sicht akzeptabel ist.
In Tabelle A-2.3-2 werden die Unterschiede zwischen der analytischen und digitalen Technik sowie die Vorteile digitaler Verfahren weitergehend verdeutlicht:
Analytische Photogrammetrie |
Digitale Photogrammetrie |
+ Auswertung analoger Bilder |
- Digitalisierung der Bilder erforderlich |
+ Sehr gute Bildwiedergabe |
+ In Abhängigkeit von der Qualität der Scans wird heute ebenfalls eine sehr gute Bildwiedergabe erreicht |
+ Sehr guter räumlicher Eindruck bei Stereoluftbildpaaren |
+ Sehr guter räumlicher Eindruck durch die Verwendung moderner stereoskopischer Auswertesysteme |
- Keine nachträglichen Bildverbesserungen möglich |
+ Reversible Anpassung von Bildhelligkeit und -kontrast |
+ keine speziellen, hochpräzisen, mechanischen Geräteteile + keine mechanisch bedingten Messungenauigkeiten + keine Kalibrierung der Auswertegeräte + kein physischer Umgang mit Fotografien + geometrisch absolut stabile Lagerung (= Speicherung der Bilder) + Kombination von manueller, halbautomatischer und automatischer Messung/Bildverarbeitung/Bildanalyse möglich + Kombination verschiedener Luftbildflüge möglich + Datengewinnung, -Verarbeitung, -Editierung, -Speicherung und -Verwaltung in einem System + Mehrbildverarbeitung (>2) möglich + Finden und Messen identischer Punkte in mehreren Bildern durch automatische digitale Grauwertkorrelation (z. B. automatische DHM-Messung) |
Folgende Arbeitsschritte kennzeichnen die photogrammetrische Prozesskette:
Für die Berechnung digitaler Stereomodelle sind i. d. R. Kenntnisse der inneren Orientierung des Aufnahmesensors erforderlich. Informationen darüber sind bei Messbildflügen den Kalibrierungsprotokollen der verwendeten Kameras zu entnehmen. Für historische Luftbilder bis Ende der 1950er Jahre gibt es keine Kalibrierungsprotokolle. Hier müssen mit geeigneten Methoden Näherungswerte für die inneren Orientierungsparameter der Luftbildkamera bestimmt werden. In wenigen Fällen kann die innere Orientierung nicht hergestellt werden, weil die Rahmenmarken nicht oder nur teilweise abgebildet sind. Hier ist mit geeigneten Verfahren (z. B. Direkte Lineare Transformation – DLT) die Orientierung allein über die Passpunkte herzustellen.
Die technischen Parameter der Reproduktion sind, soweit überhaupt rekonstruierbar, vom Lieferanten zu ermitteln. Durch ungeeignete Reproduktionsverfahren (z. B. Abfotografieren mit einer Reprokamera) kann das Luftbild mit einer weiteren Zentralperspektive überlagert worden sein, die zu einer geometrischen Veränderung des Bildes führt. Dies kann bewirken, dass dieses Bildmaterial nicht mittels Aerotriangulation oder räumlichem Rückwartsschnitt zu referenzieren ist. Sollte sich diese Vermutung aufgrund entsprechender Berechnungsfehler im Zuge der Georeferenzierung bei Anwendung der o. g. Methoden bestätigen, muss ein anderes Verfahren zur Orientierung der Bilder gewählt werden. Eine Möglichkeit bietet in diesem Fall z. B. die Anwendung der Projektiven Transformation. Die Möglichkeit der direkten Erfassung von Geometrien auf Grundlage eines digitalen Stereopaares entfällt dadurch. Die Interpretation erfolgt in einem relativen Stereopaar, die Erfassung der Bildinformationen erfolgt durch Übertragung der Geometrien in das digitale, georeferenzierte Einzelbild. Dies ist mit dem Auftraggeber abzustimmen.
Als besonders problematisch ist die Ermittlung von Bodenpasspunkten (Ground Control Points – GCP) für einige Bildflüge einzustufen. Insbesondere die multitemporale Interpretation der Luftbilder zur Lokalisierung von Passpunkten erfordert besondere Fachkenntnisse und Erfahrungen. Für ältere Zeitschnitte (z. B. 1945) bzw. Luftbildserien ist eine sorgfältige Interpretation der Topographie erforderlich. Häufig ist eine Berechnung von Bildblöcken zur Überbrückung von passpunktarmen oder -freien Bildern notwendig. Unter Umständen ist auch die Entnahme von Passpunkten aus bereits orientierten Luftbildern zeitlich nahe gelegener Bildflüge unumgänglich.
Die Geobasisdaten für die Georeferenzierung historischer Luftbilder müssen zwei Kriterien erfüllen:
Als Grundlage für die Georeferenzierung historischer Luftbilder sind aktuelle digitale Orthofotos (DOP5, Bodenauflösungen > 0,5 m) sowie ein digitales Höhenmodell mit einer maximalen Rasterweite von 25 m der Landesvermessung anzuwenden. Auf Grundlage dieser Orthofotos werden, abhängig von der Aufgabenstellung und Genauigkeitsanforderung, Kartierungen im Maßstabsbereich zwischen 1:2.500 und 1: 5.000 erstellt.
Die geodätische Grundlage der Georeferenzierung richtet sich zunächst nach den Parametern der Referenzierungsgrundlagen. Eine spätere Transformation in andere Koordinatensysteme ist möglich.
Die äußere Orientierung der Luftbilder erfolgt auf Grundlage einer Interpretation von topographischen oder baulichen Merkmalen (Passpunkte), welche sich zwischen den zu bearbeitenden und dem aktuellen Zeitschnitt nicht verändert haben. Die Koordinaten solcher Punkte können von den aktuellen DOPs (X- und Y-Werte) und den korrespondierenden Höhenwerten des digitalen Höhenmodels (Z-Wert) abgegriffen werden. Die Passpunktbestimmung ist mit größter Sorgfalt durchzuführen und durch die Prüfung der Berechnungen zur Georeferenzierung für jeden Passpunkt zu verifizieren, um Fehlinterpretationen auszuschließen.
Die Georeferenzierung stellt den wichtigsten und anspruchsvollsten Schritt im Ablauf eines Photogrammetrieprojektes dar. Die geometrische Qualität der verschiedenen Produkte hängt maßgeblich von der einwandfreien Durchführung dieses Arbeitsschrittes ab.
Im Folgenden werden die zulässigen, geeigneten Methoden für die Orientierung von Kriegsluftbildern in gewichteter Reihenfolge mit ihren Vor und Nachteilen kurz erläutert. Die Anwendbarkeit der Orientierungsverfahren für die eigentliche Stereoauswertung ist abhängig von den Möglichkeiten des verwendeten Stereoauswertesystems, d. h. nicht alle auf dem Markt verfügbaren Systeme sind in der Lage, mehrere Orientierungsverfahren zu unterstützen. Deshalb ist die Anwendung weiterer Methoden im Einzelfall grundsätzlich möglich, bedarf jedoch einer entsprechenden Eignungsprüfung.
Vorteile |
Nachteile |
Bereiche ohne Passpunkte lassen sich überbrücken, da nicht in jedem Bild Passpunkte benötigt werden. |
Geländemodell erforderlich. |
Auch Bilder ohne Passpunkte werden i. d. R. zuverlässig georeferenziert. |
Bildüberlappung von min. ca. 60 % längs bzw. 20 % quer erforderlich, d. h. jedes Bild einer Sequenz muss eingebunden werden. |
Die Berechnung von Bildverknüpfungspunkten läuft über Bilderkennung automatisiert. |
Bei Luftbildern mit einer kontrastarmen Textur ist evtl. das Setzen von manuellen Passpunkten erforderlich. |
Die Bildblöcke können für eine digitale stereoskopische Auswertung verwendet werden. |
Kamerainformation erforderlich. |
Bei der Luftbildentzerrung (Orthorektifizierung) ist ein hoher Automatisierungsgrad möglich. |
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Die Topographie des Geländes wird berücksichtigt, es gibt keinen lagebedingten Höhenversatz. |
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Korrektur von systematischen Bildfehlern möglich (z. B. geometrische Fehler durch Scanner). |
Vorteile |
Nachteile |
Die Geländetopographie wird berücksichtigt. |
Geländemodell erforderlich. |
Die Zentralperspektive eines Bildes wird korrigiert, alle Bildpunkte werden lagerichtig abgebildet. |
Kamerainformation erforderlich. |
Keine Bildüberlappung erforderlich. |
Ineffizient bei großen Bildmengen (die erforderliche Mindestanzahl von drei Vollpasspunkten (XYZ-Werte) muss in jedem Bild bestimmt werden). |
Systematische Bildfehler können nicht korrigiert werden. |
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Hoher manueller Aufwand für Orthofotos. |
Vorteile |
Nachteile |
Es werden keine Kamerainformationen benötigt. |
Ineffizient bei großen Bildmengen (in jedem Bild müssen mindestens sechs Vollpasspunkte gemessen werden). |
Die Zentralperspektive eines Bildes wird korrigiert, alle Bildpunkte werden lagerichtig abgebildet. |
Systematische Bildfehler können nicht korrigiert werden. |
Keine Bildüberlappung erforderlich. |
Hoher manueller Aufwand bei der Erstellung von Orthofotos. |
Die Geländemorphologie wird berücksichtigt. |
Bei diesem Verfahren wird eine theoretisch beliebige Anzahl von Bildern eines Bildfluges in einem Verband bzw. Bildblock orientiert. Dazu sind Kenntnisse der inneren Orientierung des Aufnahmesensors (Kalibrierungsprotokoll bzw. Näherungswerte) erforderlich. In jedem dritten Bild müssen minimal drei Passpunkte (XYZ-Werte) gemessen werden, damit die Berechnungsalgorithmen sinnvoll funktionieren. Dieses Verfahren eignet sich für eine effektive Verarbeitung großer Bildmengen und ist hierfür das Standardverfahren. Nur so ist eine Georeferenzierung passpunktkritischer Luftbilder, d. h. Bilder mit wenig oder gar keinen Passpunkten, möglich.
Bei der Luftbildentzerrung (Orthorektifizierung) ist ein hoher Automatisierungsgrad möglich. Die Topographie des Geländes wird berücksichtigt, es gibt keinen lagebedingten Höhenversatz. Eine Korrektur von systematischen Bildfehlern ist möglich (z. B. von geometrischen Fehlern durch Scanner).
Mit diesem Verfahren können Einzelbilder sehr präzise orientiert werden. Die Ausgangsdaten entsprechen denen der Aerotriangulation mit dem Unterschied, dass keine Bildblöcke berechnet werden und somit keine Verknüpfungspunkte erforderlich sind und beliebige Bilder eines Bildstreifens ausgewählt werden können.
Mit Hilfe der DLT können Einzelbilder ohne Kenntnis der inneren Orientierung der Kamera georeferenziert werden. Ein Geländemodell wird benötigt. Hierzu sind mindestens sechs Vollpasspunkte (XYZ-Werte) je Bild erforderlich. Die Zentralperspektive eines Luftbildes wird korrigiert.
Für Aufgabenstellungen im Geltungsbereich dieser BFR sind zunächst alle Methoden auszuschließen, welche fachlich nicht oder nur bedingt für die Georeferenzierung von Luftbildern geeignet sind. Dazu zählen allgemein betrachtet alle Methoden, welche nicht in der Lage sind, zentralperspektivische Verzerrungen oder höhenbedingte Maßstabsänderungen/-lageabweichungen eines Luftbildes zu korrigieren. In der Regel sind solche Verfahren daran zu identifizieren, dass für die Georeferenzierung kein Geländemodell zur Anwendung kommt.
Sofern Luftbilder deutliche geometrische, produktionsbedingte oder reproduktionsbedingte Mängel aufweisen, können photogrammetrische Orientierungsverfahren möglicherweise nicht angewendet werden. Produktionsbedingte Mängel entstehen z. B. durch starke Verkantung der Flugachse des aufnehmenden Flugzeuges gegenüber dem Gelände, so dass quasi nicht mehr von einem Senkrechtbild gesprochen werden kann. Reproduktionsbedingte Mängel entstehen z. B. durch Abfotografieren der Bildoriginale oder durch Reproduktionen mittels High End-Fotokopierer, die Bilder in Fotoqualität kopieren und eigentlich für die Reproduktion von Fotos aller Art, aber nicht für Luftbilder konzipiert wurden.
Oben genannte Mängel können bei photogrammetrischen Methoden dazu führen, dass die zugrunde liegenden mathematischen Ansätze aufgrund der Bildfehler zu keiner adäquaten Lösung führen. In solchen Ausnahmefällen dürfen folgende, beispielhaft aufgeführte Verfahren zur Anwendung kommen:
Grundvorausetzung bei diesen Verfahren ist die möglichst gleichmäßige Verteilung einer größeren Anzahl von Passpunkten (10 oder mehr) und eine sorgfältige Prüfung lokaler Abweichungen der georefenzierten Luftbilder. Die georeferenzierten Luftbilder können i. d. R. nicht in digitalen Stereoauswertesystemen verwendet werden. Deshalb ist es erforderlich, die Bildinterpretation an nicht georeferenzierten Stereobildpaaren vorzunehmen und die Digitalisierung der Ergebnisse durch die visuelle Übertragung der Informationen auf das georeferenzierte Bild in einem GIS vorzunehmen.
Die erwartete Genauigkeit der Luftbildorientierung ist aufgrund der Projektanforderungen zu spezifizieren. Als sinnvolle Größenordnung ist unter Berücksichtigung der Georeferenzierungsgrundlage eine Lageabweichung von max. drei Metern einzuhalten. Dies entspricht einer Genauigkeitsklasse der DGK5 bzw. DOP5. Bei kleinmaßstäbigen Bildern (> ca. 1:15.000) oder Bildern mit geometrischen Mängeln (produktions- oder reproduktionsbedingt) kann dieser Wert evtl. nicht eingehalten werden. In solchen Fällen ist die höchstmögliche erreichbare Lagegenauigkeit zu erzielen und das Ergebnis nachvollziehbar zu begründen.
Zur Überprüfung der erzielten Lagegenauigkeit sind die Lagekoordinaten korrespondierender Punkte im aktuellen Orthophoto und im zu überprüfenden historischen Orthophoto/referenzierten Luftbild zu bestimmen und die Differenzen zu berechnen. Diese Kontrollpunkte sind unabhängig von den zur Orientierung verwendeten Passpunkten zu bestimmen. Sollten nicht genügend unabhängige Kontrollpunkte auf Grund einer schlechten Passpunktlage vorhanden sein, so sind Strecken wie z. B. Gebäudelängen oder Distanzen zwischen Kreuzungen als Kontrollstrecken heranzuziehen. Die Messergebnisse sind in tabellarischer Form aufzuführen und die minimalen sowie maximalen Werte und der Median der euklidischen Distanz zu ermitteln. Durch einen Vergleich lässt sich die Genauigkeit des historischen Orthophotos/referenzierten Luftbildes einordnen und untereinander in Relation setzen. Eine zusätzliche Visualisierung der überhöhten Differenzen auf Grundlage des historischen Orthophotos/referenzierten Luftbildes ist wünschenswert, da so eine übersichtliche und optische Vergleichsmöglichkeit zur Suche nach systematischen Fehlern geschaffen wird.
Im Folgenden sind beispielhaft überhöhte Kontrollpunktdifferenzen eines aus historischen Luftbildern generierten Orthophotomosaiks dargestellt.
Abb. 2.3.2-1: Mit Matlab® erstellter Plot zur grafischen Visualisierung der Abweichungen der aus historischen Luftbildern (Flug US 33/2570) generierten Orthophotos und Referenzorthophotos. Die Abweichungen an den Kontrollpunkten sind mit 50-facher Überhöhung dargestellt (Quelle Luftbilder: NCAP/ncap.org; Quelle: Bachelorarbeit „Untersuchung zur zweidimensionalen Qualitätskontrolle von Bildmosaiken“ von Oskar Wage, Institut für Photogrammetrie und GeoInformation der Leibniz Universität Hannover, 11. November 2015)