A-9.2.1 Fachspezifische Anforderungen an freiberuflich Tätige
1 Geltungsbereich
Diese Technische Spezifikation definiert die fachspezifischen Anforderungen an freiberuflich Tätige (fbT) in der Phase A, in der in der Regel eine Historisch-genetische Rekonstruktion Kampfmittelbelastung (HgR-KM) erstellt wird.
Die fachliche Eignung für die Erbringung von Ingenieur- bzw. Planungsleistungen zur Kampfmittelräumung ist aufgrund der Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Erfahrung und Zuverlässigkeit zu beurteilen.
2 Allgemeine Kenntnisse
2.1 Fachtechnisch
Die Ingenieurleistungen im Bereich der Kampfmittelräumung (KMR) erfordern natur- und ingenieurwissenschaftliche Kenntnisse und Erfahrungen:
- fachliche Kenntnisse auf dem Gebiet der KMR,
- funktionelle, technische und organisatorische Planung von
KMR-Vorhaben,
- Aufbau sowie Funktions- und Wirkungsweise von Munition,
- funktionelle, technische und organisatorische Planung von
KMR-Vorhaben,
- Grundkenntnisse im Arbeitsschutz,
- Grundkenntnisse in Datenaufnahme,
- Datenanalyse, Statistik und Informationsverarbeitung,
- Grundkenntnisse der diversen Detektionsverfahren,
- Kenntnisse der grundlegenden fachlichen Regelwerke.
2.2 Rechtlich
Grundkenntnisse der einschlägigen Rechtsvorschriften, insbesondere
- SprengG und der untergesetzlichen Regelungen,
- Chemikaliengesetz,
- Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung,
- Bundes-Immissionsschutzrecht,
- Arbeitsschutzgesetz,
- Wasserhaushaltsgesetz,
- Gefahrstoffverordnung,
- GGVSEB – Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn, Binnenschifffahrt,
- Kreislaufwirtschaftsgesetz,
- Kampfmittelverordnungen der Länder,
- Landesbodenschutzgesetze und zugehörige Rechtsvorschriften,
- Landesabfallgesetze,
- Landeswassergesetze und zugehörige Rechtsvorschriften,
- Unfallverhütungsvorschriften/Berufsgenossenschaftliche Regelwerke,
- Vertragsrecht (BGB, VgV, VOB, HOAI),
- Kenntnisse über Aufbau und Zuständigkeiten der öffentlichen Verwaltung.
3 Besondere fachliche Kenntnisse
Das Erstellen einer HgR-KM stellt besondere fachliche Anforderungen an den/die Bearbeiter. Zu folgenden Themenpunkten sind vertiefte Fachkenntnisse erforderlich:
3.1 Geschichtliche, baufachliche und verfahrenstechnische Kenntnisse
- Allgemeine historische Kenntnisse (insbesondere Geschichte der beiden Weltkriege),
- Militärische Handlungsabläufe seit ca. 1910 (in Einzelfällen auch früher) bis heute,
- Bau- und Nutzungsstruktur verschiedenster militärischer Standorte/Liegenschaften,
- Zeitliche Entwicklung der Militärtechnik und daraus resultierende Anforderungen an die genutzten Liegenschaften,
- Aufbereiten und Beurteilen von z. T. kodierten militärischen Berichten,
- Durchführung von Geländeabgleichen mit GPS-Einsatz.
3.2 Auswertung und Interpretation von Archivalien
- Erfahrungen im Umgang mit archivarischen Quellen (z. B. Provenienzprinzip),
- Herstellen von Analogieschlüssen,
- Bewerten der Quellen (Sicherheit der Aussage),
- Exaktes Zitieren (z. B. nachvollziehbares Unterscheiden von historischen Fakten und subjektiven Interpretationen),
- Gute Englischkenntnisse (Fachterminologie), bedarfsweise auch Kenntnisse weiterer Fremdsprachen,
- Erfahrungen in der Interpretation und Bewertung der Verursachungsszenarien für Kampfmittelbelastungen.
3.3 Auswertung und Interpretation von Luftbildern
- Arbeit mit analogen Interpretationsgeräten (Spiegelstereoskop mit Auf-, Durchlicht, Zoomfunktion, Diskussionstubus),
- Fundiertes Wissen über Methoden und Verfahren der analytischen Photogrammetrie zur Orientierung von Luftbildern oder der digitalen
Photogrammetrie zur Orientierung von Luftbildern und Herstellung von digitalen Orthofotos (technische Möglichkeiten, Beurteilung von
Abweichungen und möglichen Fehlern etc.),
- Strategien zur photogrammetischen Verarbeitung historischer Luftbilder, deren Beschaffenheit nicht der moderner Messbildflüge
entspricht (fehlende Informationen über Luftbildkameras, Orientierung von Luftbildern ohne Geländepasspunkte, Optimierung schlechter
Bildqualitäten etc.),
- Erfahrungen in der Anwendung analytischer oder digitaler Systeme zur Stereoluftbildauswertung,
- Inhaltliches, systematisches Auswerten von Luftbildern (insbesondere auch militärhistorischer Bau-, Infra- und Nutzungsstruktur etc. in Bezug auf mögliche Kampfmittelbelastungen bzw. Kriegseinwirkungen),
- Digitale Kartierung und Anwendung von Geoinformationssystemen zur Erfassung, Aufbereitung, Analyse und Visualisierung raumbezogener Daten (Geodaten),
- Erfahrungen in der topographischen und thematischen Kartografie.
3.4 Bewertung
- Interpretation der Ergebnisse und Darstellung in nachvollziehbarer Berichtsform,
- Flächenhafte Ausweisung von Bereichen gleicher (vermuteter) Gefährdungsklassen sowie Flächenkategorien inkl. Kartierung.
4 Nachweise
Die Nachweise zu den Anforderungen sind durch den Bieter im Vergabeverfahren beizubringen.
4.1 Personelle Anforderungen
Zur Eignung muss der fbT zu seiner beruflichen Bildung, fachspezifischen Ausbildung und praktischen Erfahrung folgende Nachweise führen:
- Abgeschlossenes Studium mit naturwissenschaftlich-technischer Ausrichtung an einer Universität oder Fachhochschule oder eine
gleichwertige Qualifikation.
- Eine mindestens 3-jährige praktische Tätigkeit im Bereich Kampfmittelräumung.
Soweit der fbT auch Begehungen auf kampfmittelverdächtigen Flächen durchführen soll, ist im Einzelfall zu entscheiden, ob er im Besitz eines gültigen Befähigungsscheins gem. § 20 SprengG sein muss bzw. ob er von einem entsprechenden Befähigungsscheininhaber begleitet werden muss.
Folgende besondere fachliche Kenntnisse sind nachzuweisen:
- Referenzliste über die in den letzten 3 Jahren durchgeführten Projekte, in denen der fbT maßgebliche Entscheidungen zu treffen hatte,
- Beschreibung von ausgewählten Projekten, mit denen der Nachweis der gestellten Anforderungen nachvollziehbar belegt werden kann,
- Ausbildung / beruflicher Werdegang der/des verantwortlichen Projektbearbeiter(s),
- ggf. Veröffentlichungsliste,
- ggf. Arbeitsproben.
4.2 Technische Ausstattung
Der fbT muss über die erforderliche Geräteausstattung zur Bearbeitung der jeweils beauftragten Leistungen der Phase A verfügen. Dies sind z. B.:
- Technische Ausstattung zur computergestützten Bearbeitung von Karten und Plänen,
- Technische Ausstattung zur Luftbildauswertung gemäß den Anforderungen der
Anhänge 9.2.3 bis 9.2.6, - Geräte zur geodätischen Vermessung im Gelände (mechanisch und/oder per GPS).
4.3 Organisatorische Anforderungen
Es ist ein die fachlichen Anforderungen der BFR KMR erfüllendes Qualitätsmanagementsystem zu führen und nachzuweisen.
Der Zugriff auf relevante Fachliteratur muss gegeben sein.